8. Bottwartalmarathon

16.10.2011

Herbst.

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.
O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.

(Christian Friedrich Hebbel, 1813-1863)

 

Zum dritten Mal beim Bottwartal-Marathon dabei zu sein, hat den Vorteil, dass wir uns auskennen.

Parken bei Lidl, kurzer Fußmarsch, den schnellsten Weg zur Startunummernausgabe in der Kellerei der Bottwartaler Winzer. Alles kein Problem für meinen Mann Norbert und mich. Eigentlich müssten viele Bekannte hier sein. Aber ich hatte vergessen, wie es ist: zweieinhalb Tausend Menschen auf kleinstem Raum. -Sardienenbüchse- . Bevor ich klaustrophobische Anfälle bekommen entdecken wir eine idyllische Ecke mit Bierbänken und genügend Platz um uns adäquat auszubreiten. Hier gibt es auch Stände, an denen man den Kohlehydratspeicher entweder mit Speisen, oder aber mit Getränken (Weiß-oder  Rotwein) auffüllen kann.

Während wir organisatorisches erledigen wird um 9.30 Uhr auf der Straße der 10 km Lauf gestartet. Ab 10.30 Uhr erfolgt dann der Marathonstart, der Start für den Halbmarathon Nordschleife, der Team Marathon Start und der Start der Walker. Alles in Blöcke eingeteilt und  mit Farben gekennzeichnet.

Natürlich gehts wieder ums anziehen. Norbert wird komplett „lang“ mit Handschuhen laufen. Ich bleibe bei kurzärmlig aber langer Laufhose. Der Wetterbericht hatte stabiles, sonniges Wetter prognostiziert.

Viel zu früh machen wir uns auf, die Tasche am LKW abzugeben. Der steht in der Nähe der Zielverpflegung, also etwas abseits, den Berg hinunter. Hier merke ich, weil meine Jacke ja in die Tasche muss,  dass es noch ganz schön kalt ist. So um die 10 °C. Aber die Dixies  sind weniger frequentiert als die oben.

Jetzt haben wir doch noch Kathi getroffen. Wir wärmen uns nochmal in der Halle auf. Bei den Klowagen ist die Schlange  jetzt  kleiner. Trotzdem verabschieden wir uns hier. Norbert hat seinen Start 5 Minuten früher als ich, und muss, wenn er nicht über die Absperrung klettern will, von ganz hinten nach vorne in den blauen Block durchdrängen.

Als ich um 10.30 Uhr den Startbereich erreiche wird gerade der erste (rote) Block gestartet. Mit einem Donnerhall und viel Applaus werden die Läufer auf die Strecke geschickt. Fünf Minuten später die „blauen“ und dann wieder 5 Minuten später der Rest. Um 10.50 Uhr ist dann der Start für den Halbmarathon Südschleife.

Zuerst gehts bergab. Für den Lauf ist das komplette Gelände um die Bottwartalkellerei gesperrt. Der Start erfolgt auf der L1100, der Oberstenfelder Strasse,  zuerst in die falsche Richtung. Zweimal links und die Richtung stimmt.

Bei mir läuft aber gar nix rund. Meine Beine fühlen sich steif (vielleicht zu kalt) und schwer an. Ich komm gar nicht in die Gänge. Nanu! Der Garmin meint nach 3 km dass ich einen  Schnitt von 5.45 habe. Da kann was nicht stimmen.

Ich weiß nicht wie viel Menschen in dem „Mini“ Örtchen Hof wohnen. Gefühlt sind jetzt aber alle an der Strecke, um die Läufer mit tosendem Beifall zu empfangen.

Sausehof, was für ein lustiger Name, ist die nächste Durchgangsstation. Hier beginnt ein Radweg, auf dem wir nachher auch zurückkommen. Eine Art Sambaband heizt hier die Stimmung an.

Wir verlassen die Begegnungsstrecke (bis jetzt ist natürlich  noch keiner zum Begegnen gewesen) und erreichen Gronau (ca km 5). Hier ist die Begeisterung genauso groß. Ich fühle mich wie auf einem City-Marathon. Der ansässige Sportverein hat mit Hilfe einer Hebebühne eine super Werbefläche ausgefahren. Die Läufer werden zusätzlich von einem Sprecher, der wohl da oben steht, angefeuert.

Etwas später im normalerweise wahrscheinlich  verschlafenen Wohngebiet ist eine Wäscheleine mit Bottwartal T-Shirts über die Straße gespannt. Zuschauer machen einen Wahnsinns-Lärm.

Ein kurzes Stück auf der gesperrten L1117 (bergauf!) . Zur Vorsicht gehe ich da hoch.  Gleich läufts wieder bergab. In der Ferne ist eine Läuferschlange zu sehen. Ich weiß ja wie es weitergeht: erst ein ziemliche lang über die Felder, dann links und wieder links und –  richtig, das gleiche wieder zurück. Was mir früher wie Schikane vorkam genieße ich heute. Man hat eine große Läuferschar im Blick und sieht wie es vorwärts geht.

An einer Stelle kann man den entgegenkommenden fast die Hand geben. lngsamt läuft es bei mir inzwischen besser. Die Uhr zeigt immer noch einen Schnitt von 6 min/km.

Wir streifen Schmidhausen (km 10). Auch hier haben sich an jeder Ecke Zuschauer postiert und  klatschen um die Wette.

Es folgt ein längeres Stück auf der gesperrten Landstraße bis zum Ortsschild von Oberstenfeld. Am Ortsrand entlang durch herbstliche Streuobstanlagen, am Bädle vorbei unter der L1100 durch laufen wir auf beschaulichem Weg der leider etwas wellig verläuft. Seit einiger Zeit spüre ich beide Achillessehnen. Trotz taping hab ich das Gefühl, dass das nicht so gut sein kann. Ich spiele mit dem Gedanken nach dem Halbmarathon aus zusteigen. Ich bin noch gut in der Zeit  für einen Halben. Aber sollte ich nicht mal wieder einen langen Lauf machen? Also 30km sollten schon drin sein. – Also vielleicht den 3/4 Marathon. Aber wenn ich bei 30 bin werde  ich den Rest ja auch noch schaffen.

Jetzt geht es ein Stück die L1100 entlang. Links von uns etwas erhöht laufen auch welche. Die sind aber schon ein paar Kilometer weiter und haben die Beilsteinschleife bereits hinter sich. Ich erkenne Nicole Benning. Leider ist das Foto  das ich mache total unscharf. Da ruft einer ihrer Begleiter „hallo Birgit“! Ups, wer kennt mich da?

Wir laufen, immer die Burg im Blick auf Beilstein (km 15) zu. Natürlich  steht der Ort Kopf. Die Begeisterung ist grenzenlos.Im Ort sind die Straßen halbseitig gesperrt, so dass die Läufer gefahrlos auf der Straße laufen können.

Wir verlassen Beilstein auf einer kurzen aber fiesen Steigung. Jetzt sind wir auf dem vorher gesehenen Weg. Dabei erkenne ich, dass nur noch wenige hinter mir sind, und die Walker uns bereits dicht auf den Versen folgen.

 

In Oberstenfeld, das wir nun auch durchqueren dürfen ist wieder Citylauf-Feeling. Im Zentrum hat Radio O-Ton ein Marathontor aufgebaut und ein Sprecher ruft die vorbeikommenden mit Namen auf. Wir sind jetzt knapp bei km 20.

 

Der Weg zurück nach Bottwartal ist einer meiner Lieblingsstücke. Hier geht erfahrungsgemäß den weniger trainierten Halbmarathonis die Luft aus. Ich hab ein richtiges Hoch. Die Sambagruppe steht immer noch uns scheint noch nicht am Ende. Super Durchhaltevermögen.  Bis zum Halbmarathonziel laufe ich  ganz locker. Die Marathonstrecke wird rechts  neben dem Ziel vorbei geführt.

An der Verpflegung mach ich erst mal eine Pause. Ich hab bei km 10 etwas getrunken, und ein Salz aufgelöst. Jetzt geb ich mir 3 Iso mit Salz. Da kommt auch Kathi, die sich richtig freut, dass es bei mir so gut läuft. Sie ist zwar für den 3/4 Marathon gemeldet, wird aber auch ganz durchlaufen.

Ich muss jetzt dringend langsam tun. Der Halbmarathon ist wieder erwarten super gelaufen. Aber die fehlenden langen Läufe machen sich schon bemerkbar.

Wir laufen durch die engen Gassen der Altstadt von Großbottwar. Das historische Rathaus ist bemerkenswert. Leider hab ich so schwere Füße, dass mir das Kopfsteinpflaster einige Probleme bereitet.

Wir erreichen den Radweg nach Kleinbottwar. Ab hier teilen wir uns die Strecke mit entgegenkommenden Halbmarathonies Südschleife, Staffelläufern und ganz ganz vereinzelt den schnellen Marathonies. Der erste Mann ist wohl jetzt schon im Ziel, und die erste Frau begegnet mir auch gerade. Ich freue mich die Anderen zu beobachten. Da wird man von seinen eigenen Sorgen abgelenkt.

Es geht durch Kleinbottwar, wellig weiter. Die Steigungen gehe ich jetzt immer, und komm auch schlecht wieder in Fahrt. Aber wir sind erst bei km 25. Also weiter!  Insgeheim hoffe ich Norbert zu sehen.

Autsch! – bei km 26 unvermutet und ohne Ankündigung ein bösartiger Oberschenkelkrampf. Das muss ja wohl nicht sein. Ich gehe etwas, und nach ein paar Minuten scheint der Spuk vorbei. Ich beschließe noch vorsichtiger zu sein.

Als mir aber kurz vor Steinheim der Pacer für die 3:30 entgegen kommt ist mir klar, dass Norbert noch nicht hier sein kann.

Wir verlassen die Pendelstrecke. Hier ist der Wendepunkt für den 3/4 Marathon. Waren bis hierhin noch einige Läufer auf der Strecke wird es jetzt richtig einsam. Eigentlich macht mir das nichts aus. Ich finde es nur doof für die Zuschauer, die nur noch für die letzten Hansel dastehen.

 

 

Die Zuschauer scheint das aber nicht zu stören. Es sind zwar deutlich weniger als in den anderen Orten. Dafür sind sie aber genauso laut und begeistert. Gerade in Steinheim steppt der Bär. Es geht auch hier kreuz und quer durch die Altstatt. Kopfsteinpflaster – nicht gut.

 

 

 

Ich hab etwas die Orientierung verloren. Es könnte schon in Murr sein. Als wir dann in totem Industriegebiet laufen ein Lichtblick: eine südländische Familie?!? hat sich an beiden Straßenseiten postiert und macht Musik, für jeden vorbeikommenden Läufer. Das finde ich total rührend. Ich hoffe, die wissen wie sie uns Läufern damit helfen.

 

Jetzt wird es eintönig. Die Strecke führt um Murr herum, über die Felder. Ganz ganz ganz lang geradeaus. Dann links, dann wieder geradeaus, dann links und dann – richtig wieder zurück. Uff, geschafft. An jeder! Wegkreuzung und natürlich an jeder Abbiegung stehen bzw. jetzt sitzen oder liegen (es ist angenehm warm) Helfer. Jeder Helfer an dem ich vorbeikomme klatscht, oder ruft, oder pfeift, oder rasselt. Unglaublich. Das motiviert ungemein. Trotzdem bin ich froh, diesen ermüdenden Streckenabschnitt hinter mir zu haben.

Es geht noch ein bisschen im Wohngebiet von Murr kreuz und quer, hoch und runter. Ich glaub ich steh im Wald. Hier ist es ja wunderschön. Ein romantischer Weg über eine schmale Holzbrücke, und weiter im Schatten einer Allee. Es ist ein Genuss hier zu laufen.

In Steinheim wieder ein Sprecher der meinen Namen kennt. Er weiß auch, dass mein Mann Norbert mit läuft.  Auch vorher waren immer wieder Zuschauer, die mich mit Namen anfeuerten. Da auf den Startnummern der Name nicht steht, vermute ich, dass in der Laufzeitung die Namen der Läufer veröffentlicht wurden. Ich find das toll.

 

Ich bin wieder auf der bekannten Strecke. Jetzt ist es nicht mehr weit. Still genieße ich jedes Kilometerschild: 37, 38, 39 ,40, 41.

Immer wieder Spaziergänger die mich anfeuern. Das hab ich so noch nie erlebt. Ab und zu überhole ich Marathonies, die noch mehr gehen müssen als ich. Zum Schluss zieht es sich doch noch etwas. Dann aber sehe ich vor der letzten Steigung eine Art Vorziel. Hier ein letzter Sprecher der mich mit Namen ankündigt. Außerdem spielen die gerade music was my first love. Ich schwebe dem Ziel entgegen.

 

Links rum, den Berg noch rauf. Ich sehe das Ziel. Da ist das Schild, das sagt dass Marathons rechts laufen sollen. Häh, gilt das jetzt auch. Nein sicher nicht. so 50m vor dem Ziel steht ein Mann, der mir das gleiche Schild entgegen hält. Also doch rechts? Gerade als ich abbiege ruft er: „Nein,nein, nur Spaß!“

 

 

Norbert erwartet mich im Ziel. Es gibt eine Medaille. Zwei junge Frauen wollen wisse, in welchem Ort die beste Stimmung war. Es gibt hier wohl eine Prämierung für den „besten Ort“. Was soll ich da sagen. Gronau war mir in Erinnerung. Im Nachhinein würde ich das gerne richtig stellen. Natürlich war in Gronau eine Menge los. Aber das war auch der zweite Ort des Laufs, und da Publikum frisch. Viel schöner waren die Orte, zum Schluss, wo, obwohl wenig Läufer unterwegs waren, nach Stunden immer noch Publikum feierte.

Nicht vergessen werde ich, das Heer der Helfer, die alle sehr engagiert bei der  Sache waren. Die Strecke war topp prepariert und abgesperrt. Nicht zuletzt erwähnen will ich die Verpflegung, vor allem  im Ziel. Auch für die Letzten war noch genügend da. Die Helfer haben mir sogar noch einen Sitzplatz improvisiert. Danke.

Sieger:

Männer:

Amos Kimeli Rotich  1. Platz, 2:33,42

Norbert Fender AK50 18. Platz, 3:38,16

Frauen:

Edna Kimaiyo 1. Platz, 2:48,23

Birgit Fender AK45 17. Platz 4:58,27

 

 

 

 

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Birgit am Oktober 19th 2011 in 2011, Marathons

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