8. Freiburg Marathon
Seit 4 Tagen steht fest: am Sonntag wird das Wetter warm. Am Samstag war bereits schönstes Terrassenwetter. Dafür, dass wir vor kurzem noch Minusgrade hatten, ziemlich krass.
Wir waren schon im letzten Jahr in Freiburg gewesen. Abgesehen davon, dass das Wetter damals optimal zum Laufen war, empfand ich den Veranstaltungsablauf auch super: Der Start des Marathon war 2 Stunden vor dem Start des Halbmarathon. Da man zweimal die gleiche Runde läuft, kommen in der 2., anstrengenden Runde die Halbmarathonläufer von hinten, zum Ziehen.
In diesem Jahr ist es wieder wie schon in den Anfangsjahren: Start von Marathon und Halbmarathon gleichzeitig, nur die Marathonstaffeln zeitversetzt später. Es würde also schon bei der Anfahrt zu Problemen kommen. Von der Überfüllung beim Abholen der Startunterlagen und und den Schlangen an den Toiletten bei über 10.000 vorangemeldeten Läufern ganz zu schweigen. Außerdem würde ich die 2. Runde, wenn die Massen im Ziel sind, alleine laufen und die Verpflegung würde bestimmt auch schon weg sein.
Mit diesen Gedanken im Hinterkopf reisen wir also am Sonntag Morgen bei strahlendem Sonnenschein in die Baden-Metropole. Wie erwartet stehen wir im Stau- aber erst kurz vor der Messehalle. Obwohl es erst 9 Uhr ist, entschließen sich viele, bereits vorher zu parken. Wir versuchen unser Glück trotzdem auf dem Messeparkplatz. Und siehe da. Es gibt hier noch eine Menge Parkmöglichkeiten.
Auch das Abholen der Startunterlagen gestaltet sich problemlos, da bei der Ausgabe der niedrigen Nummern für den Marathon kaum etwas los ist. Die riesige Messehalle ist wie im letzten Jahr aufgeteilt, und super ausgeschildert. Auch hatte man ja im Internet genügend Informationen, wo was zu finden ist.
Die erste Hürde stellt sich erst bei den Toiletten ein. Riesige Schlangen vor Frauen und Herrentoiletten. Trotzdem dauert es nur 8 Minuten bis ich wieder raus bin. Und bei Norbert geht es noch schneller. Da kann man nicht meckern.
Mit den anderen Läufern machten wir uns 10 Minuten vor 11 Uhr zum Startgelände auf. Es gibt 2 Startblöcke, die nach der persönlichen Zielzeit getrennt sind. Einteilen soll sich jeder selbst. Also geht Norbert nach vorne (Zielzeit unter 3:45). Ich suche mir einen platz in der Mitte der 4-spurigen Fahrbahn und lasse die Menschenmasse auf mich wirken.
Pünktlich um 11.10 Uhr wird der erste Startblock gestartet. Es vergehen noch einige Minuten bis nun auch wir aufrücken können.
Wir bekommen einen eigenen Startschuss und dann geht es los. Zuerst nahezu geradeaus, und leicht ansteigend von der Madisonallee auf die Berliner Allee. Ich merke, dass es jetzt schon ziemlich warm ist. Als wir über die Dreisambrücke laufen bietet sich ein phantastisches Bild auf die tausende Läufer, die unter der Brücke durchlaufen, bevor wir dann unten sind und nach oben blicken können. Es folgt ein Streckenabschnitt durchs Wohngebiet, wo viele Anwohner die Läufer frenetisch anfeuern.
Trotz der tollen Stimmung fühle ich mich nicht wohl. An der ersten Verpflegungsstelle sehne ich mich nach Kühlung. Bei anderen Läufen stehen am Ende der Verpflegungstellen Wannen mit Leitungswasser zum Kühlen. Leider hab ich erst beim Iso bemerkt, dass das hier nicht so ist. Da das Wasser in Bechern schon vorbei ist, und ich kein Iso über mich schütten will, muss ich es wohl trinken. Na gut, besser als nichts. (Natürlich war aus den Startunterlagen und im Internet die genaue Aufteilung der Verpflegungsstellen zu ersehen. Es hat mich nur im Vorfeld nicht interessiert.)
Nach der Blauen Wiwili-Brücke geht es in die Innenstadt. Da ist mächtig was los. Hier sind auf engstem Raum bestimmt 10 der 42 Bands und Musikgruppen versammelt, die das Markenzeichen des Freiburgmarathons sind.
Hier merke ich, dass etwas nicht stimmt. Ich hab das Gefühl, mein Tempo ist zu hoch. Bei einem Blick auf den Garmin bin ich entsetzt – Puls 171!!!! Auf ebener Strecke. Dabei hab ich nicht mal den angestrebten 6er Schnitt. Wenn ich diesen Lauf beenden will, muss ich dringend noch langsamer machen. Ich verabschiede mich also von meiner Zielzeit von unter 4:30 und drossle das Tempo.
Auf dem Schlossbergring überholen mich die 4:30 Pacer. Entgegen kommen uns die Läufer um den 3:30 Pacer. Ich halte Ausschau nach Norbert, kann ihn aber nicht entdecken. Nach dieser Ablenkung geht es wieder besser.
Nun kommt mein Lieblingteil der Strecke entlang der Dreisam. Trotz der großen Wohnhäuser ist es sehr idyllisch hier. Und wegen der Häuser auch schattig. Zurück geht es leicht bergab, was meinem Befinden entgegen kommt. Nun merke ich, dass ich meinen Tampon wechseln sollte. Da an jeder Verpflegungsstation 2 Dixis stehen, sollte das auch kein Problem sein. Leider stehen da schon welche an. Aber ich muss jetzt trotzdem halten. Also stelle ich mich in die Schlange. 5 Minuten später bin ich wieder auf dem Weg.
Hier im Wohngebiet ist naturgemäß nicht so viel los. Trotzdem muss ich erwähnen, dass in einer Strasse 2 Anwohnerparteien mit ihren Gartenschläuchen die Läufer kühlen. Das finde ich super.
Ich war so sehr mit mir beschäftigt, dass mir erst jetzt auffällt, dass fast dauerhaft Sirenengeheul zu hören ist. Auch auffallend viel Rettungskräfte sind zu sehen. Auf der vierspurigen Zähringer Straße fährt ein Rettungswagen auf der Schienenanlage der Stadtbahn. Ein anderer kommt aus einer Seitenstraße. Ich höre, wie einer ruft:“welchen sollen wir zuerst holen? Eine Sanitäterin antwortet:“nehmt die da hinten, meiner ist stabil“. Ich sehe einen Läufer auf einer Trage, der sich übergeben muss. Andere sitzen im Schatten von parkenden Autos. Auch die anderen Läufer um mich herum sind schockiert.
Ich komme nun in den Zielbereich. Auf der Kaiserstuhlstraße wird es plötzlich laut. Von hinten kommt der Führende des Marathon. Wir halten kurz und feuern ihn an. Dann müssen die Halbmarathonläufer rechts ins Ziel. Marathonläufer dürfen links weiterlaufen.
Marathonläufer? Ich kann nur eine Frau entdecken, die vor mir läuft. Sonst niemand. Ein paar Zuschauer, wahrscheinlich Angehörige, stehen hier noch. – Stille.
Aber was ist denn da vorne los. Kurz bevor wir auf die Berliner Allee einbiegen – Menschenmassen. Ah, hier ist der Übergabeplatz der Staffeln. Als die ersten der Wartenden mich erblicken geht ein wahrer Tumult los! Mit Jubel und Begeisterung werde ich durch die Menge geleitet. Selbst der Zieleinlauf kann diesen Augenblick toppen. Applaus, nur für mich, Wahnsinn.
Beschwingt laufe ich weiter. Nur für diesen Moment hat es sich gelohnt nicht abzubrechen.
Nun beginnt der Kampf. Um nicht alleine zu laufen, versuche ich, zu der vor mir Laufenden aufzuschließen. In dem Moment als ich sie erreiche, fällt ihr etwas aus der Hand. Sie muss kurz zurück und ich kann nicht warten. Ich werde von mehreren Staffelläufern überholt. Ich sehe, dass ein Teil der Strecke wieder für den Verkehr freigegeben ist. Polizisten sichern die Läufer. Kein Problem also.
Ich beschließe nun, von jeder Band, die noch spielt, ein Foto zu machen. Das macht Spaß und ich bin beschäftigt. Laufen ist eine Qual. Mir tut eigentlich nichts bestimmtes weh. Aber wenn der Kopf nicht mehr will, geht halt nichts mehr. Wenn gerade keine Band da ist, fotografiere ich die wenigen Zuschauer, die aber immer noch begeistert dabei sind.
Ich überlege, ob ich nicht gehen soll. Vor mir geht auch eine Frau. Beim näher kommen, sehe ich, dass sie ein Startnummernband aus Rodgau an hat. Ich spreche sie an. Sie antwortet, und bemerkt, dass wir uns bereits beim Allgäu Panorama Marathon begegnet sind. Leider fällt sie jetzt auch in Laufschritt. Da kann ich ja jetzt nicht gehen. Wir unterhalten uns angeregt, bis ich das Gefühl habe gleich einen Krampf zu kriegen. Gleich fällt Gabi wieder ins gehen. Ich bin dankbar. Gemeinsam bringen wir die Altstadt hinter uns, abwechselnd gehend und laufend. Ich merke beim Laufen, dass es meinem Magen nicht sonderlich gut geht. Das viele Iso mit Salz macht sich unangenehm bemerkbar. Auf dem Weg die Dreisam entlang treffen wir noch eine weitere Läuferin, Sonja, in unserem „Tempo“.
Leider werden wir hier von Daniel Steiner (marathon4you) überholt. Das wäre eigentlich nicht schlimm, so kann ich ihm zum Geburtstag gratulieren. Aber er ist als Pacer für die 5 Stunden unterwegs. Gott sei Dank haben wir drei uns ja schon vor einer Weile von unsren Zeitzielen verabschiedet.
Etwas später überholt uns auch der zweite 5 Stunden Pacer. Im Wohngebiet haben mehrere Anwohner mit ihren Kindern private Getränkestationen aufgemacht. Sie stehen da mit bunten Bechern und schenken Wasser an die durstigen Läufer aus. Verpflegungstellen gibt es zwar auch, aber beim Gehen werden die Abstände zwischen den Stationen schon ganz schön lang. Danke für das Mitdenken, und die Freigiebigkeit!!!!!!
Normalerweise gibt es bei Marathonläufen ab km 35 Cola. Das ist hier leider nicht so. Schade, weil die Verpflegung ansonsten perfekt ist. Allerdings hat mir Gabi hinterher gesagt, dass ihre zweite vorher hinterlegte Eigenverpflegung gefehlt hat.
Wir sind jetzt also zu dritt unterwegs, und zumindest ich habe eine Menge Spaß. Wir überholen (eher selten) und werden überholt(hauptsächlich von Staffelläufern). Ich fotografiere immer noch Bands und Zuschauer, aber gemeinsam die Kilometerschilder zu bejubeln, macht einfach noch mehr Laune. Im Nachhinein glaube ich, dass wir drei mehr Werbung für Marathonlauf gemacht haben als die Sieger. Bei uns hat man sicher gesehen, dass Laufen Spaß macht.
Dass wir gemeinsam die Ziellinie überquerten, brauche ich ja nicht zu erwähnen. Warum wir bei gleicher Bruttozeit allerdings 12 Sekunden auseinander liegen, weiss nur der Zeitmessgott.
Meine Sorge, die Zielverpflegung könnte aus sein, erweist sich als unbegründet. Es ist noch alles da und, weil kaum noch Läufer da sind, alles zur freien Auswahl. Auch Bänke laden zum Verweilen ein. Ich bin aber etwas unruhig, da ich Norbert nicht gesehen habe. Er macht sich sicher Sorgen, bei den vielen Krankenwageneinsätzen. Und so mache ich mich schneller als gewöhnlich zum Auto auf.
Norbert erwartet mich auch schon (seit einer längeren Weile). Es gibt viel zu erzählen. Sogar er musste gehen und hat seine Zielzeit, wenn auch nur knapp, verfehlt.
Nach dem Umziehen gehen wir zur Pastaparty. In Freiburg bekommt man nämlich bei den Startunterlagen einen Gutschein für eine Portion Nudeln, den man am Samstag, oder Sonntag bis 18 Uhr einlösen kann. Als wir um 17.15 Uhr kommen, gibt es immer noch heiße Pasta und super nette Bedienung.
Auf den Tischen stehen als Deko Blumentöpfe mit Basilikum – was für eine leckere Idee. Wir treffen nochmal Gabi mit ihrer Freundin.
Als wir nach Hause fahren ist der Himmel bewölkt. Unterwegs fängt es zu regnen an.
Später erfahren wir, dass an diesem Tag 80 Personen von den Sanitätern behandelt wurden. Einer musste reanimiert werden. Wer dabei war, wird sich darüber nicht wundern. Dieser plötzliche Sommereinbruch (offiziell wird von 22 Grad im Schatten gesprochen) war für den Körper schwer zu verdauen. Kommt dazu noch körperliche Höchstleistung, dann kollabiert das System. Dies kann auch die beste Lauforganisation nicht verhindern. Man muss sich einfach im Klaren sein, dass ein Halbmarathon oder Marathon nicht zwangsläufig gefinisht werden kann. Jeder muss selber in sich hineinhören und Schluss machen, wenn nichts mehr geht.
Sieger:
Männer :
1. Platz, Nils Schallner:2:28,23
Norbert Fender, AK 50, 37. Platz 3:48,23
Frauen:
1. Platz Judith Iseler, 3:06,16
Birgit Fender, Ak 45, 45. Platz 5:15,54
5 Kommentare zu “8. Freiburg Marathon”
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Kati schrieb am 04 Apr. 2011 um 22:53 #
*autsch* – so in etwa bin ich 2009 Hamburg gelaufen, die Bild-Zeitung titelte damals „HITZESCHLACHT“ – bei 25 Grad und schnarchend langsam. Was ein Glück, dass Ihr gut durch gekommen seid, Norbert ist wohl ein bleicher Kenianer, wenn ihm die Wärme nix ausmacht? – habe heute eine Freiburg-Läuferin gesehen die hatte Sonnenbrand Grad 3 auf den Schultern. Keine 10 Minuten hinter Dir ist der Dieter A. gelaufen, mit dem hättest Du auch Spaß gehabt. Bin trotz allem noch etwas angefressen, dass ich nicht dabei sein konnte *grummel*. Bis bald, Kati
Birgit schrieb am 05 Apr. 2011 um 19:14 #
Hallo Kathi
nächstes Jahr ist ja auch noch Marathon. Der Solitude wird ja nicht jedes Jahr auf dem Termin hängen. War wirklich noch jemand hinter uns?
Grüße von Birgit
Uwe schrieb am 05 Apr. 2011 um 06:23 #
Spannender Bericht.
Die Zeiten sind richtig erfasst.
Brutto alle 3 :5:25:33
Liebe Grüße
Uwe
Birgit schrieb am 05 Apr. 2011 um 19:13 #
Hallo Uwe,
hab`s dann auch kapiert. Ich musste nur zweimal darüber schlafen. Danke für Deine Rückmeldung.
Grüße von Birgit
Kati schrieb am 05 Apr. 2011 um 20:16 #
ja der Dieter. Ich habs genau gesehen, denn ich hab zufällig genau dann reingeklickt, als Ihr auf den letzten 3 Kilometern wart. Konnte man live die Fähnchen und Männchen verfolgen 😉 Hab mir dann vorgestellt, wie es jetzt auf der Zielgeraden so ist… jammer