41. Rennsteiglauf

24.05.2013

Eisenach Marktplatz kurz vor 6 Uhr. Vor der Toilette spricht uns plötzlich Jochen an. Ich hatte ihm Gestern von meinem Geheimtipp erzählt, damit er nicht wieder wegen der vollen Dixies den Start verpasst. Mit Gerhard, Branka und Andi hatte er den Nachmittag im Kaffee verbracht (Nicole regeneriert noch). Wir waren nur ein paar Meter weiter auf dem Marktplatz vor dem Zelt gewesen und haben uns Thüringer Rostbratwurst mit Köstritzer Bier schmecken lassen.

Norbert und ich sind dann auch früher auf die Kloßparty gegangen. Und so haben wir unsere Bekannten wieder verfehlt. Bei der lauten Musik hätte man sich sowiso nicht unterhalten können. Ich konnte nur noch kurz mit Branka reden. Sie meinte bescheiden, dass Andi ihr eine Laufzeit von 6:10 zutrauen würde. Damit wäre sie im letzten Jahr Siegerin des Supermarathon gewesen. Aber schau mer mal.

25.05.2013

Viertel vor sechs. Wir haben jetzt Stress: Tasche mit den Wechselkleidern abgeben, Norbert sucht noch den Satelit, ich muss Bilder für m4you (guckst du auch Bericht http://www.trailrunning.de/laufberichte/gutsmuths-rennsteiglauf/voeglein-sangen-lieder-/2071) vom Startbereich machen, und dann will ich dieses Jahr nicht von so weit hinten starten. Wir müssen uns trennen.

, ,

Bilder machen geht gut. Es ist schon recht hell. Der Startschuss fällt, ich laufe locker los. Beim Fotostopp in der Fußgängerzone findet mich Norbert wieder.

, ,

Wir verlassen die Stadt über Serpentinen nach oben. An der Engstelle treffen wir Bekannte und verlieren sie gleich wieder. Eisenach liegt uns zufüßen und Norbert verabschiedet sich.

, , ,

Jetzt wird der Weg richtig matschig. Ein Läufer fällt hin. Puh, ausgerechnet hier. Es ist noch ziemlich voll auf der Strecke. Ich versuche mein Tempo zu finden. Gerne würde ich Heute wieder unter 10 Stunden bleiben. Ich muss also nur so laufen wie im letzten Jahr. Alles Easy.

, ,

Ich überhole Conny und Jörg, Gerhard kommt von hinten. Wir überholen uns mehrmals. Dass die Sonne raus kommt spürt man sogar hier im Wald. Der Wetterbericht hatte eigentlich Schmuddelwetter vorausgesagt. Ich bin in Winterklamotten unterwegs. Nun wird aber schon warm. Das kann ja heiter werden.

,

Schon an der ersten VP trinke ich Tee. Die Steigungen werden konsequent gegangen. Das machen viele so. Bergab lass ich es laufen. Der Weg ist jetzt trocken. Oft hat es aber große Steine und hohe Wurzeln. Das strengt ganz schön an.

Gut, dass es immer jemanden zum quatschen gibt. Ein Wort genügt, und schon ist ein munteres Gespräch im Gange. Das macht die Strecke kurzweilig. So bei km 15 stehen, wie im letzten Jahr, zwei Männer die die Platzierungen der Frauen ansagen. Ich bin 253te.

, , ,

Bei km 20 bekomme ich unverhofft einen Krampf im Oberschenkel. Ich hatte vor lauter Ablenkung vergessen rechtzeitig das erste Salz zu nehmen. Bei km 18 war es mir zwar eingefallen, aber das wirkt wohl noch nicht.

, , ,

Es geht schön bergab, da laufe ich einfach locker weiter. Irgendwie komme ich auch unten an. Jetzt gehts wieder hoch und ich versuche einfach an was anderes zu denken.

,

Da kommen zwei lustige Typen von hinten zu mir aufgelaufen. Stefan hat eine Gitarre dabei. Ich wünsche mir das Rennsteiglied nur so zu Spass. Tatsächlich hat er scheinbar die Noten im Ärmel. Laut singend geht es nun bergauf. Jutta verzieht das Gesicht. Die Jungs laufen ohne uns weiter.

, , ,

Irgendwie sprechen wir über den Marathon de Sable. Jutta hat ihn schon zweimal gefinisht. Sie erzählt von dem mörderischen Lauf. Ruck zuck sind wir auf dem Großen Inselsberg oben.

, , ,

Jetzt kommt mein Hassstück: Zuerst Treppen und dann eine super steile Straße nach unten. Das geht ewig so. Diesmal machen wenigstens meine Knie mit. Das steile Stück nimmt kein Ende. Gut dass unten die VP Grenzwiese auf uns wartet. Schon von weitem hört man die Lautsprecheransagen und Musik. Ich gönn mir ein kleines Päuschen mit Schleim und Schmalzbrot.

, ,

Ich bin ziemlich platt. Mühsam quäle ich mich voran. Anderen geht es wohl ähnlich. Gespräche sind selten. Das Feld hat sich auseinander gezogen. Man ist zwar nie allein, aber jeder ist in seinem eigenen Trott unterwegs und so überholt man, oder wird überholt. Ich versinke in Gedanken. Der Wald bietet auch keine Abwechslung. Es sind halt mal mehr, mal weniger Bäume um einen rum. Der Weg ist relativ gut zu laufen, teilweise steinig, teilweise wurzelig. Es geht auf und ab.

Bei km 33 an der VP Possenröder Kreuz steht wieder ein Ansager. Er beglückwünscht die Läufer zur bereits gelaufenen Strecke, und wünscht allen Geburtstagskindern alles Gute. Ich bin Dankbar für jede Abwechslung.

, ,

Plötzlich kommt mir der Weg irgendwie bekannt vor. Und ich höre von weitem Musik. Die Ebertswiese ist in Hörweite. Noch um eine Kurve und da liegt sie unter uns. Ich zücke den Fotoapparat und hatte nicht mit einem älteren Spaziergänger gerechnet: er entreißt mir die Kamera und will unbedingt ein Foto von mir machen. So hab ich jetzt ein symbolhaftes Bild von mir vor dem Schild mit der Verpflegung.

, ,

Ich komm ja nur wegen dem Essen zum Rennsteig. Nirgend wo sonst gibt es so tollen Schleim wie hier. Außerdem Schmalzbrot mit Schnittlauch (und Köstritzer). Auf der Ebertswiese ist dann auch eine Zwischenzeitmessung. Hinterher sehe ich, dass ich fast genau 5 Stunden bis hier gebraucht habe.

, , ,

Jetzt muss ich mal Pause machen. An einem Tisch ist noch Platz. Ich genieße die Athmosphäre und schnorr Kaffee bei einem Helfer. Viele der Einlaufenden Läufer werden vom Moderator namentlich begrüßt und beglückwünscht. Es herrscht geschäftiges Treiben. Man isst und trinkt und läuft weiter. -Ach ja, da war noch was. Ich sollte wohl auch wieder aufbrechen. Frisch gestärkt mach ich mich auf den folgenden Anstieg.

,

Mir geht es viel besser. Ob es  an den weniger werdenden Kilometer liegt? An einer Steigung laufe ich auf Nico auf. Er erkundigt sich nach der Beschaffenheit des weiteren Wegs, denn er kennt den Rennsteiglauf bisher nur vom Marathon. Der hätte aber wesentlich weniger Höhenmeter. Wir kommen ins Gespräch. Es ist sein erster Ultra.

, ,

Das Feld ist jetzt mit Wanderern aufgefüllt. An einer extrem matschigen Passage wird das zum Hindernisrennen. Ich schaffe es noch ohne nasse Füße. Das km 50 Schild erreichen Nico und ich wieder zusammen.

Am Abstieg zum Grenzadler über eine Wiese erwischt es mich aber: Hier ist keine Chance dem Morast zu entgehen und ich lande mit beiden Füßen im moorigen Wasser. Egal – die letzten 20 Kilometer schaffe ich immer.

, ,

Erst mal wieder Pause. Ich setzte mich und merke dann, dass hier der Sammelplatz für die ausgestiegenen Läufer ist. Ich tue unbeteiligt, esse (mhm Himbeerschleim) und trinke und mach mich dann unbemerkt aus dem Staub.

Es geht wieder bergauf. Mir geht es richtig gut. Vor allem bergab überhole ich zahlreiche Läufer. Am Rondell, an der Brücke über die Bundesstraße (km55) bin ich schon ziemlich allein. Das ändert sich am nächsten Anstieg, wo ich auf die Vorderen, auch mit gehen, auflaufen kann.

,

Ich weiß, dass es noch einen steilen Anstieg zum höchsten Punkt des Laufes, dem großen Beerberg gibt. Wann kommt der noch? Wir laufen hoch und wieder runter und wieder hoch. An der VP Sommerwiese gibt es eine digitale Uhr, die steht auf unter Acht Stunden. Wir haben noch ca 15 km vor uns. Das müßte für eine Endzeit von 10 Stunden reichen.

,

Es geht wieder bergab. Die VP Suhler Ausspanne bei km 61 lasse ich mal liegen, obwohl mir einfällt, dass jetzt der letzte Anstieg kommt. Es ist gar nicht so steil wie ich es in Erinnerung hatte. Und auch nicht so lang. Oben gibt es Aussicht und einen Fotograf. Die Männer von der Bergwacht als Streckenposten haben nichts zu tun.

, , ,

-So, von nun an gehts bergab.- Plötzlich bekomme ich Bärenhunger. Das reicht nicht mehr bis ins Ziel. Gott sei Dank gibt es Frischkäsebrot an der VP Haidersbach. Noch ein letztes Köstritzer und weiter geht es.

,

Bergab mach ich Platz um Platz gut. Mist, ich hatte die Steigung bei km 16 (wir haben jetzt die Kilometer Schilder für den Halbmarathon) verdrängt. Es geht also nochmal hoch und dann aber entgültig bergab.

,

Die Beschilderung jedes Kilometers motiviert die letzten Reserven. Am Skilift können wir Schmidefeld unter uns liegen sehen. Wo bleibt das km 70 Schild?

, ,

Da vorne ist der Zielbogen der den letzten Kilometer ankündigt. Die haben echt das 70er Schild weggelassen. Im Ort werden wir gebührend gefeiert. Noch eine Kurve, Cheerleader schwenken ihre Puschel, das Zielgelände breitet sich vor uns aus.

, ,

Hinten die Wohnwagen und Zelte, vorne der abgesperrte Zielkanal an dessen Ende der Zeileinlaufbogen zu erkennen ist. Noch ein letztes Foto und ich bin da. Klaus wartet schon.

Der Zielbereich ist abgesperrt und so konnte Norbert nach Dusche und Massage nicht mehr herein. Dafür hat er schon meinen Kleidersack abgeholt. Ich muss dringend sitzen. Wir holen unser Köstritzer und lassen uns auf eine Bank nieder. Da beginnt es zu tröpfeln. Das Zelt ist nicht weit. Wir sind gerade drinnen als auf das Festgelände ein Wolkenbruch nieder geht. Glück gehabt.

Die Siegerehrung ist schon vorbei. Branka hat es geschafft und mit 6:15 den Lauf gewonnen. Fabelhaft. Der Shuttlebus bringt uns zurück nach Eisenach.

Der Rennsteig hat eine eigene Athmosphäre. Die Landschaft ist eigentlich nichts besonderes. Der Trail ist auch nichts besonderes. Aber die Geschichte des Rennsteiglaufes mit den behutsamen Anpassungen an Modernes, die Wanderbewegung in Verbindung mit Hochleistungssport, die ungekünstelte Freundlichkeit des Thüringers mit effektivem Know how und natürlich das Treffen von unterschiedlichsten Läufergeschichten macht dieses Event einzigartig.  Das Gesamtpaket stimmt einfach.

Sieger:

Männer:

Christian Seiler, 1. Platz, 5:10:24 Std

Norbert Fender, 91. Platz AK50, 7:54:07 Std

Frauen:

Banka Hajek, 1. Platz, 6:15:44 Std

Birgit Fender, 41 Platz AK 50, 9.44:26 Std

 

 

 

 

 

Kommentare deaktiviert für 41. Rennsteiglauf

Birgit am Juni 7th 2013 in 2013, Ultraläufe

Kommentarfunktion ist deaktiviert