TransEurope-Footrace 2012, 20. Etappe

7.09.2012

Malmsheim. Halb sechs, bitter kalt und dunkel. Wir melden uns bei Ingo, der mit Norbert noch die letzten Details klärt. Da ist auch Robert. Kurzes,aber herzliches shake hands. Marianne achtet in der Halle auf Ordnung. Sie meint: ich könnte auf die Leuchtweste verzichten. „Du leuchtest ja sowieso“. Sie meint damit meine Jacke. Ich hab halt Angst im Dunkeln; beuge mich aber dem Rat der Expertin. Ria kommt zu uns. Sofort zieht Marianne sie wegen ihrer Haare auf. Ria ist jetzt unsicher was mit ihren Haaren ist. Vor dem Spiegel beraten wir, ob das so geht. Ich kann an ihrer Frisur nichts negatives finden. Ist halt krauses Haar und lässt sich nicht so einfach bändigen.

Draußen treffen wir Michel Weber und Gabi Gründling. Gabi läuft nur 10 km mit. Michel natürlich die ganze Strecke aber im lockeren 8:00er Schnitt. Während wir auf den Start warten, unterhält sich Norbert mit Robert.

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Irgendwann (Punkt 6:00) kommt Ingo und gibt den Start frei. Die erste Startgruppe, die Langsameren, laufen los. In der Dunkelheit reihe ich mich zu weit vorne ein. Heike sehe ich deshalb heute erst im Ziel.

Die ersten paar Kilometer versuche ich bei den Läufern mit Licht zu bleiben. Bald ist es aber so hell, dass das nicht mehr nötig ist. Ich laufe langsam, in der Hoffnung, mich nach hinten fallen lassen zu können. Aber nur ein Etappenläufer kommt vorbei.

In Weil der Stadt unterhalte ich mich mit Satoshi, der nie ohne seine Kamera zu sehen ist. Das wirkt lustig, weil es so klischeehaft ist. Er ist aber ein total lieber und aufgeschlossener Mensch, und so kann ich mich gar nicht über ihn lustig machen.

An der 1. VP bei km 9,2 merke ich, dass irgendwas mit meiner Uhr nicht stimmt. Sie zeigt 3,4 km gelaufene Kilometer.  Ich „resete“ meinen Garmin und muss jetzt aber immer rechnen, wenn ich auf die Uhr schaue.

Das Laufen ist Genuss pur. Die Morgenstimmung ist einmalig. So könnte ich ewig weiter laufen. In den Orten ist noch nichts los.

An der 2. VP (km 17) steht zufällig unser Auto! Ein Helfer bringt es ans Ziel. Da kann ich meine Jacke direkt ablegen. Mir wird jetzt langsam warm. Die Helfer frieren aber noch ganz schön. Marianne hat meine Tasche mitgebracht. Für Sonnenbrille und Mütze ist es eigentlich noch zu früh. Aber die Tasche ist jetzt da und so wappne ich mich für die spätere Hitzeschlacht.

Ich rechne, wann wohl die Führenden von hinten kommen. Sie starten eine Stunde später. Da ist dann auch Norbert dabei.

Tatsächlich um 8:34 (ich schaue extra auf die Uhr) kommt Trond vorbei: super locker und gar nicht angestrengt. Nur eine viertel Stunde vergeht, dann folgt Stephane. Robert kommt keine 100m später. Henry ist zu dieser Zeit noch ein gutes Stück hintendran.

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Ansonsten hab ich nicht viel Gesellschaft. Ich wechsele mich immer wieder mit 3 Japanern ab. In den Orten helfen wir uns gegenseitig bei der Wegsuche. Die Markierungen gehen mir langsam in Fleisch und Blut über. Weiße Kreidepfeile, rote Farbe und dann die kleinen orange farbigen Pfeile in Augenhöhe – super gemacht.

Kurz vor der 3. VP (km 24) überholt mich Peter Bartel auf seinem Roller. Der ist aber schon wieder weg, als ich bei der VP eintreffe. Dafür treffe ich hier Norbert. Heute mache ich den Vorschlag zusammen zu laufen. Ich glaube, sonst ist mir das auf die Dauer doch zu einsam.

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Was ich an den Ultras so liebe, ist ihre üppige Verpflegung. Hier gibt es alles, was man sich wünschen kann. Speziell heute fällt mir auf, dass von der üppigen Auswahl keine großen Mengen bereitstehen. Aber immer, wenn etwas auszugehen droht, wird es sofort ergänzt. So ist alles frisch und appetitlich. Die Getränke (alles mögliche) stehen in Flaschen bereit. Man kann sich selber in Kunststoffbecher (Ikea?!?) einschenken. Die Becher werden anschließend gespült und wiederverwendet. Kein Papier landet auf dem Boden. Alles wir sorgfältig eingesammelt. Natürlich kann man sich auch bedienen lassen und z.B. seine Trinkflasche auffüllen lassen.

In den Ortschaften ist jetzt sehr viel Verkehr. Wir gehen, wenn vorhanden, über Fußgängerampeln und laufen auf dem Gehweg. Wenn es keinen Gehweg hat, laufen wir links, so ist es auch ausgeschildert.

Zu zweit laufen hat den Nachteil, dass man nicht mehr richtig konzentriert ist. Norbert hatte bis zu unserem Treffen das System der Pfeile noch nicht durchschaut. Er wäre schon mehrmals falsch gelaufen, wenn andere nicht aufgepasst hätten. Jetzt sind wir im Gespräch vertieft. Da kommt ein Gehege mit vielen von Gänsen und Hühnern, dann eins mit Puten.

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Ich suche den besten Platz zum fotografieren. Oh, noch Hühner. Wir überlegen, was das wohl für ein netter Ort ist. Hier scheint Landwirtschaft noch groß geschrieben zu sein. Doch, halt wo sind die Pfeile? Vielleicht da vorn? Wir fragen Passanten: Die haben aber keine Läufer gesehen. Also zurück. Hinter dem Gänsezaun war der Abzweig nach rechts. Den haben wir glatt verpasst.

Wir laufen auf die Felder und sehen am Horizont – ganz weit weg – Läufer.

Nach über einer Stunde auf heißem Asphalt haben wir die Japaner eingeholt. Sie sind erstaunt, denn wir haben sie doch schon mal vor längerer Zeit überholt.

Ich bekomme langsam richtig Hunger. Schließlich bin  ich schon fast 5 Stunden unterwegs. Da ist die VP4 (km 31). Hier gibt es Reissuppe. Genau das richtige für mich. Macht satt, aber nicht voll.

Jetzt fällt mir das Laufen auch wieder leichter. Es geht wellig über Felder und durch kleine Orte. Vor uns keiner, hinter uns keiner.

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Die VP5 (km 39) wird von französischen Helfern betreut. Ich muss jetzt mehr trinken. Es ist mächtig heiß. Schatten gibt es keinen. Und die nächste VP ist über 10 km weg. Das wird das härteste Stück denke ich.

Die ersten Kilometer gehen noch, nachdem wir ja frisch gestärkt sind. Dann hinter Ergenzingen wird der Weg steinig. Mir tun die Füße weh. Wir gehen, obwohl es flach ist. Das Risiko mit müden Beinen um zu knicken ist da nicht so hoch.

Dann müssen wir auf einer schmalen Straße entlang. Gott sei Dank kommen nur wenig Autos. Am Wegrand in einem Graben wachsen eine Menge Herbstzeitlosen. Das muss ich fotografieren; so etwas hab ich noch nie gesehen.

In Eutingen steht die letzte VP (km 49). Ich lass nochmal meine Flasche auffüllen. Noch 9 Kilometer.

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Vor uns läuft ein japanischer Läufer. Vielleicht können wir uns gegenseitig ziehen.

Bergab erreichen wir das Eutinger Tal. Es geht durch einen Tunnel.

Dahinter scheinen wir in einer verwunschenen Märchenwelt gelandet zu sein. Das unglaubliche Grün tut den Augen gut. Die Luft ist frisch und feucht. Wie heute Morgen: wieder Laufgenuss pur. Schilder am Wegrand erkären Besonderheiten des „Naturhistorischen Erlebnispfades“. Unser japanischer Freund fällt zurück. Hoffentlich weiß er, dass wir nur Etappenläufer sind.

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Plötzlich kommt von hinten Kazuko, die zweitplazierte Frau. Die kleine Japanerin läuft im lockeren Joggingschritt an uns vorbei. Klasse!

Am Ende des Tals liegt Waagrain, ein Vorort von Horb. Dort überqueren wir den Neckar.

Der hoffentlich letzte große Anstieg beginnt. Hier ist unangenehm viel Verkehr. Die Autos sausen ungebremst an uns vorbei den Berg hinunter. Ohne Gehweg bin ich ständig sprungbereit. Das ist echt gruselig. Auf halber Strecke sehen wir eine Läuferin uns entgegen kommen. Komische Joggingstrecke. Das ist ja Kathi, die auf uns zugelaufen kommt. Zusammen laufen wir dem Ziel entgegen. Das ist aber noch ein gutes Stück. Zuerst müssen wir über die Straße. Dann nochmal. Jetzt geht es in den Wald. Eine kunstvolle Kreidezeichnung verspricht , dass das Bier auf uns wartet.

Auf der ganzen Strecke sind solche aufmunternden Kreidebilder verteilt. Das muntert wirklich auf, wenn man so vor sich hin drömelt.

Wieder geht es wellig hoch und runter. Vor Nordstetten: der wirklich letzte Anstieg, dann Richtung Ortsmitte.

Das Ziel steht auf dem neuen Festplatz vor dem Nordstetter Schloss. Hier gibt es erst mal Würstchen (ich bekomme das letzte) und diverse Getränk. Robert, frisch geduscht, ist da und Michel, noch nicht geduscht, kommt auch dazu. Robert ist guter Stimmung. Er erzählt, dass er am Anfang lange mit Trond gelaufen ist. Der war dann letztendlich stärker. Unzufrieden sieht Robert aber nicht aus. Ich denke er kann zufrieden mit seiner Leistung sein. Und zu Ende ist der Lauf erst am letzten Tag.

Die gefinishten Läufer sind bereits etwa 500m entfernt in einem Sportheim. Unser Auto wird gebracht, und so machen wir uns auf die Suche nach Ingo. Am Sportheim sieht es aus wie auf einem Campingplatz. Wohnwagen und Zelte stehen auf dem Rasen. Wäscheleinen sind gespannt, und Liegen aufgebaut.

Wir bekommen eine Medaille und das Versprechen, nach dem Lauf eine Urkunde zugeschickt zu bekommen.

Samstag,, 8.09.2012

Es ist 7:30 Uhr. Ich bin noch hundemüde und sortiere meine Knochen. Norbert sagt: „Du die laufen schon wieder“.

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Birgit am September 14th 2012 in 2012, Ultraläufe

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